Potentialorientierte Psychotherapie

Die potentialorientierte Psychotherapie umfasst, vor dem Hintergrund der humanistischen Psychologie (Abraham Maslow, Carl Rogers, Milton Erickson), verschiedene Verfahren zur Förderung der im Menschen angelegte Ressourcen und Möglichkeiten.
Sie strebt in der therapeutischen Arbeit die Integration von Körper, Seele und Geist an und stellt dazu ein weites Spektrum an Methoden und Ansätzen zur Verfügung.
Die potentialorientierte (oder humanistische) Psychotherapie fokussiert nicht allein auf der Beseitigung von Symptomen, sondern konzentriert sich gleichermaßen auf die Entfaltung innewohnender menschlicher Qualitäten wie Präsenz, Offenheit, Interesse, Kreativität, Freude, Mut, Selbstverantwortung, Stille, Hingabe, Mitgefühl und die Liebe zur Wahrheit.
Damit wird Therapie zu einer Begleitung auf dem Weg der Heilwerdung zum ganzen Menschen und richtet sich ebenso an den Gesunden wie an den an Symptomen Leidenden

Die Therapie ist ausgerichtet auf das gegenwärtige Erleben, das aufmerksame Gewahrsein der Person, und der Überwindung von Einschränkungen in Wahrnehmen, Fühlen, Denken, Handeln und Imaginieren, die wir biographisch erworben haben. Sie bietet Wege zur Versöhnung mit der Welt wie sie ist und zum Frieden auch mit den Einschränkungen des persönlichen Daseins.
Sie stimuliert das In-Bewegung-Kommen von festgefahrenen Mustern und Gewohnheiten und fordert damit auf zum „Risiko“ persönlicher Verwandlung.
Die Selbsterforschung und Selbsterfahrung, ob in Einzel- oder Gruppensitzung, wird somit auch zu einer Lebensschule, die uns an das Beste, das Wesentliche in uns erinnert.

Seit den Forschungen von Abraham Maslow in den sechziger Jahren wissen wir, dass das Bedürfnis nach wesensgemäßer, geistiger und spiritueller Entfaltung ebenso in der menschlichen Natur begründet liegt, wie die sogenannten Grund- und Mangelbedürfnisse (nach Nahrung, Beachtung, Geborgenheit, Halt, Anerkennung, Zugehörigkeit, Gemeinschaft, Status, Achtung etc.). Allerdings haben die Grundbedürfnisse eine stärkere Durchsetzungskraft als die höheren, oder „Metabedürfnisse“, wie Maslow sie nannte. Erst in der humanistischen, potentialorientierten Psychotherapie, als der „dritten Kraft“ neben Psychoanalyse und Verhaltenstherapie, wurde die Möglichkeit aufgegriffen, dem Menschen, über die therapeutische Problem- oder Symptombeseitigung hinaus, Angebote zur Entfaltung der in ihm ruhenden und „wartenden“ Wesensqualitäten zu machen. Damit wurde die Psychotherapie zu mehr als nur einem Mittel zur erfolgreichen Anpassung des Ich an eine gesellschaftliche Norm. 
Der Weg und das Verständnis von Heilwerdung besteht daher in einem erweiterten Verständnis der menschlichen Natur und unserer Bedürfnisse.
Seit etwa zwanzig Jahren sprechen wir nun von der transpersonalen Psychotherapie als der „vierten Kraft“ der Psychotherapie (Karlfried Graf Dürckheim, Hameed Ali Almaas, Ken Wilber). „Transpersonal“ meint Erfahrungen und Seinsfühlungen, die über das biografisch durch Prägung, Erziehung, Konditionierung, Sozialisierung und familiäre Verstrickung geformte Ich hinausgehen, und die Ich-, Charakter- und Persönlichkeitsstruktur transzendieren. Hier begegnen sich die Ansätze und Verfahren der westlichen Psychologie und Psychotherapie mit den westlichen und östlichen Weisheitslehren der Mystik und der Philosophia Perennis, der „ewigen Philiosphie“.
Unser Wunsch in der Praxis ist, Begleitung und Unterstützung auf allen Ebenen möglicher Entwicklung und Entfaltung anbieten zu können. Die eigene beständige Fortbildung ist dabei natürlich eine Grundvoraussetzung.

Potentialorientierte Psychotherapien im Detail:

Die Gestalttherapie wurde von Fritz Perls auf tiefenpsychologischer Basis entwickelt. Sie verfügt über verschiedene Methoden die Aufmerksamkeit des Klienten auf den gegenwärtigen Kontakt zu sich selbst, seiner Atmung, seinen Körper, seinen Ausdruck, seine Imagination und Phantasien, und zur Umwelt zu richten. Sie lädt ein sich dessen was gerade ist bewusst zu werden (awareness-continuum) und einschränkende Selbstbilder und Annahmen hinter sich zu lassen.

Die Gestalttherapie fordert auf, auch feine Spuren von Opferrollen aufzugeben und Verantwortung für sich und sein Handeln zu übernehmen. Sie frustriert unsere Neigung durch zwanghafte Rationalität heilsame Erfahrungen zu vermeiden. Sie verfügt über wirkungsvolle Übungen („Ich und Du, Hier und Jetzt“) Präsenz und Offenheit zu erleben und im Erleben der eigenen Gegenwart neues Selbstgefühl und Selbstverständnis zu entwickeln.

Die Bioenergetik ist Alexander Lowens Fortentwicklung der Arbeit von Wilhelm Reich und wird auch die „Psychoanalyse des Leibes“ genannt. Sie richtet die Aufmerksamkeit auf das körperliche Erleben der Person, und die in habituellen Muskelspannungen gebundenen „verdrängten“ Gefühle und Emotionen wie Freude, Trauer, Wut, Angst, Misstrauen, Sehnsucht, Wunsch nach Nähe etc..

Sie schaut auf Spannung, Gehaltensein und Ladung des Körpers und der Gewebe, und die Tiefe und Ausbreitung der Atmung. Sie verhilft den in der Muskulatur und Atmung festgehaltenen Gefühlen zum Ausdruck und zur Lösung. Sie ermöglicht dem Gehaltenen (aushalten, sich dranhalten, sich hochhalten, alles drinhalten…) in Fluß zu kommen, körperliche und seelische Belebung zu erfahren und zu einem gesunden, im Körper verankerten Selbstgefühl zu finden.

Bioenergetische Körperübungen in Verbindung mit dem „Hier und Jetzt“ der Gestalttherapie ermöglicht ein heilsames, gelassenes Ankommen im gegenwärtigen Augenblick.

Die Hypnotherapie nach Milton Erickson umfasst ein weites methodisches Spektrum um die konstruktive Mitarbeit des Klienten zu sichern und die Widerstände gegen neue heilsame Erfahrungen zu umgehen.
Sie vertraut fest in die Ressourcen und Potentiale im Inneren der Person und versucht diese zu wecken mit Hilfe von natürlicher Tranceinduktion, indirekter Suggestion, Metaphern und effektiver Kommunikation. Unbewusste Kraftquellen und hilfreiche Vorerfahrungen sollen aktiviert und nutzbar gemacht werden

Die lösungsfokussierte Kurzzeittherapie ist sehr erfolgreich darin, durch eine ihr eigene Frageform den Klienten an den eigenen Lösungszustand zu erinnern, und den Problemzustand, der ihn zur Therapie geführt hat, zu verlassen. Sie forscht nach Ausnahmen vom Problem im Alltag des Klienten, und lässt ihn Kontakt aufnehmen mit den selbst erlebten und erinnerten Ressourcen. Mehr als alle anderen Verfahren geht sie von der Problemlösungsfähigkeit im Inneren des Klienten aus und fordert diese im Gespräch heraus.

In der Sitzung erarbeitete Lösungsansätze werden in „Hausaufgaben“ für den Klienten umgesetzt, mit denen er im Alltag weiter sein Anliegen bearbeiten kann. Dies verkürzt bei vielen Therapien erheblich die Zahl der benötigten Sitzungen. Die lösungsfokussierten Methoden finden ebenfalls Anwendung in der Paar- und Familientherapie.

„Jeden Augenblick dringt von allen Seiten
Der Ruf der Liebe auf uns ein.
Willst Du mit uns gehen?
Dies ist nicht die Zeit, zu Hause zu bleiben,
Sondern hinauszugehen
Und sich selbst dem Garten zu schenken.“

Rumi